Rivalität zwischen Creo und SolidWorks. Als Senior Consultant bei PDSVISION verbringe ich viel Zeit mit Kunden vor Ort. Im Gespräch mit Kunden stößt man natürlich oft auf andere CAD-Systeme. Oft erzählen Kunden alte Horrorgeschichten, wie z.B. dass parametrisches CAD nicht funktioniert oder, insbesondere bei Creo Parametric, dass es zu komplex und zu schwierig zu bedienen ist, insbesondere wenn Sie ein Benutzer von PTC Creo Elements/Direct Modeling sind. Bei diesem CAD-System handelt es sich um einen direkten Modellierer, der seit mehreren Jahren unter dem Dach von PTC angesiedelt ist. Der Klassiker ist jedoch, dass parametrisches CAD für unsere Produkte nicht funktionieren würde.
Nun stellt sich natürlich die Frage, woher diese Geschichten und Meinungen kommen, vor allem, wenn es sich um Benutzer eines nichtparametrischen CAD-Systems handelt. Meistens kommen diese Ansichten von sehr erfahrenen Konstrukteuren – und das ist kein Zufall. Viele dieser Konstrukteure sind seit der 2D-Ära der CAD-Welt im Bauwesen tätig und kennen 3D-CAD-Systeme von Anfang an. Diese Meinungen sind eindeutig von der Rivalität zwischen Creo und SolidWorks geprägt.
PTC Creo Parametric vs. SolidWorks – Geschichte
In diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen erklären, woher diese „Geschichten“ kommen und wo wir heute stehen. Wir werden die ewigen Rivalen PTC Creo Parametric und SolidWorks von Dassault in 3 Hauptpunkten genauer unter die Lupe nehmen.
PTC
PTC wurde 1985 von Dr. Samuel P. Geisberg gegründet; Damals hatte er die ersten Ideen für eine parametrische und funktionsbasierte CAD-Software. Pro/ENGINEER (jetzt Creo Parametric) gibt es seit 1987 und wurde der Öffentlichkeit zum ersten Mal in Detroit vorgestellt. Damals noch unter dem Namen Pro/ENGINEER bekannt und in eine Welt hineingeboren, in der die UNIX-Workstations von SUN, Apollo und wie sie alle hießen, mit ihrer Rechenleistung, Grafikleistung und ihrem Speicherplatz absolut lächerlich waren.
Für PTC lag das Hauptaugenmerk stets auf der Leistung und der Tiefe der Funktionen, da das System von Grund auf neu entwickelt wurde. Im Laufe der Zeit und in zahllosen Benchmarks hat Pro/E, zeitweise Wildfire genannt, bewiesen, wie gut die Funktion und die Geschwindigkeit des Programms ist. So früh war der Fokus auf die Benutzerfreundlichkeit von Pro/Engineer nur teilweise wichtig. Aus diesem Zeitraum von etwa 20 Jahren stammt der legendäre Ruf, dass Pro/E schwer zu bedienen und zu erlernen sei.
SolidWorks
1993 war das Jahr, in dem SolidWorks als Unternehmen gegründet wurde. Sein Gründer, Jon Hirschtick, wollte ein einfaches, Windows-basiertes CAD-System entwickeln, das zudem günstig in der Anschaffung sein sollte. In den ersten Jahren rekrutierte Hirschtick mehrere PTC-Mitarbeiter, was letztlich den Grundstein für die ewige Rivalität Pro/E / Creo vs. SOLIDWORKS legte. Die „Benutzerfreundlichkeit“ ist auch heute noch der entscheidende Faktor für SOLIDWORKS. Aber auch dieser Vorteil hat seinen Preis. Zunächst einmal wurde die Benutzerfreundlichkeit mit einer Funktionstiefe erkauft, wie sie in einem High-End-System zu finden ist. Zudem gibt es bis heute Performance- und Stabilitätsprobleme, da von Anfang an der Fokus auf einfacher Bedienung und nicht auf Performance wie bei Pro/ENGINEER lag. Ich denke, jeder SolidWorks-Anwender weiß, was hier gemeint ist.
Wenn Sie bis hierher gelesen haben, kann ich verstehen, wenn Sie sagen „Ok, aber er arbeitet für einen PTC-Partner“. Stimmt, aber bevor ich zu PDSVISION kam, habe ich ca. 10 Jahre in der Konstruktion gearbeitet, davon 5 Jahre in verschiedenen Unternehmen mit SolidWorks in unterschiedlichen Themenbereichen wie Kunststoff, Blech oder Drehteile.
PTC Creo Parametric vs. SolidWorks – Heute
Nun, die Frage ist, wo wir heute stehen und wie ich auf die Fragen meiner Kunden und die eingangs erwähnten Horrorgeschichten reagiere.
Creo Parametric von PTC ist bereits in der Version 7 verfügbar. Seit der Umbenennung von Pro/E Wildfire in Creo Parametric im Jahr 2011 hat PTC massiv an der Überarbeitung der Benutzeroberfläche und der Benutzerfreundlichkeit gearbeitet. Creo ist heute intuitiv bedienbar, ohne Abstriche bei Funktionalität, Robustheit und Leistung zu machen. Wir verfügen über ein modernes Ribbon-Interface, das sich sehr stark an der Philosophie von Microsoft Office orientiert. Auch die Grafik-Qualität ist auf höchstem Niveau. So unterstützt Creo Parametric nativ 4K-Monitore und die DPI-Skalierung von Windows. Buttons, Schrift und 3D-Illustration sind so scharf dargestellt, dass Kurven sehr organisch wirken und die Zeiten mit Kreisen im Treppenhausstil der Vergangenheit angehören.
Das Ergebnis ist eine geringere Belastung für die Augen und ein plastischeres Erlebnis beim Bauen. PTC hat auch eine Menge Erfahrung und Technologie aus dem bereits erwähnten Creo Elements/Direct Modelling in Creo Parametric integriert. Daher wurden die „Mini-Symbolleiste“ und die direkte Modellierung aus diesem Programm übernommen. Beides sind großartige Funktionen, die SolidWorks nicht bieten kann. Heute bekommen wir ein Creo Parametric, das in der Bedienung wenig mit Pro/E zu tun hat und SolidWorks absolut ebenbürtig ist.
Wie sieht es heute mit der Leistung von Creo Parametric aus?
Wie bereits erwähnt, wurde Creo Parametric (ehemals Pro/ENGINEER) von Anfang an im Hinblick auf Leistung entwickelt. Das ist natürlich bis heute so geblieben. Creo Parametric 7.0 kann problemlos mit sehr großen Baugruppen umgehen, ohne dass ein zusätzlicher Viewer erforderlich ist. Ein kleines Beispiel: Nehmen wir an, wir haben eine Baugruppe mit 1000 Einzelteilen, die nur eine Zeichnung hat. Jetzt verdoppeln wir die Zahl der Teile auf 2000. Außerdem stellen wir jetzt 4 „Brücken“ her, d.h. 8 Einzelteile werden miteinander verbunden. Dann ändern wir die Abmessungen von 24 der 2000 Teile. Wir wiederholen diesen Vorgang in Creo Parametric und in SolidWorks. Wenn ich das jetzt lese, scheint das keine große Sache zu sein, aber SolidWorks braucht etwa 30 Minuten, nur um die Baugruppe zu speichern.
Creo benötigt für den gleichen Vorgang etwa 4 Minuten. SolidWorks braucht etwa 5,5 Mal so lange, um die Zeichnung zu aktualisieren. Alles in allem ist Creo bei großen Baugruppen etwa 3,5 Mal so schnell wie SOLIDWORKS. Ich sollte anmerken, dass dies auf der gleichen Hardware geschieht. In der Tat ist dieser Vergleich nicht fair. SolidWorks ist das mittlere CAD-Produkt von Dassault und PTC Creo Parametric ist ein High-End-CAD-System. In der Vergangenheit war SolidWorks auch etwa 80 % billiger als Creo. Aber auch das hat sich geändert. Die beiden Systeme kosten jetzt etwa gleich viel pro Jahr, obwohl Creo Parametric mehr Funktionen bietet.
MultiCAD in Creo
Der letzte große Punkt, den ich in diesem Blog ansprechen möchte, hat meiner Meinung nach in den letzten Jahren sogar noch an Bedeutung gewonnen.
Einen großen Teil meiner Zeit verbringe ich mit Presales, Beratung und Unterstützung unserer Kunden zum Thema Datenaustausch zwischen verschiedenen CAD-Systemen. Leider hat die Dateikompatibilität zwischen Lieferanten und Herstellern in der Vergangenheit viele Kaufentscheidungen beeinflusst. Native Dateiformate und insbesondere neutrale CAD-Formate wie STEP oder ACIS sind problematisch, wenn es darum geht, sie auszutauschen. Dies führte dazu, dass große Firmen und Konzerne von ihren Zulieferern oft tatsächlich die Bereitstellung von Daten in „ihrem“ Format verlangten. Außerdem mussten viele Zulieferer eine oder zwei Lizenzen von Catia, SolidWorks oder Siemens NX kaufen, um dann mit für sie „fremden“ Dateiformaten umgehen zu müssen. Ich persönlich würde den Datenaustausch als die Problemquelle Nr. 1 in der heutigen, sehr vielfältigen CAD-Welt bezeichnen. Meine These wird auch durch die große Anzahl von CAD-Konvertierungsprogrammen gestützt, die es gibt. Googeln Sie einfach nach diesem Thema.
UNITE Technology
Mit der Einführung der UNITE-Technologie hat PTC das Leben in einer Multi-CAD-Umgebung deutlich erleichtert. Bereits seit 2014 und der Version Creo 3.0 können Dateien aus den meisten gängigen CAD-Systemen, wie Autodesk, CATIA, Siemens NX, SolidEdge und SolidWorks, direkt nativ geöffnet werden. Es ist nicht notwendig, diese Dateien zu konvertieren oder zu übersetzen. Laden Sie einfach fremde Formate direkt in Ihre Baugruppe. Sie können sogar direkt an den Symbolen im Featurebaum sehen, welcher Teil Ihrer Baugruppe aus einem anderen CAD-System stammt. Das funktioniert natürlich auch in umgekehrter Richtung. Sie können Ihre Creo-Modelle auch in native Fremdformate exportieren. Allerdings sind die Dateien oft beschädigt. Dies ist häufig bei STEP-Dateien der Fall. Creo Parametric unterstützt Sie auch hier mit tollen Werkzeugen, um die Dateien zu reparieren. Im Allgemeinen ist Creo Parametric jedoch sehr tolerant gegenüber Fehlern in .stp-Dateien;
In den beiden folgenden Screenshots sehen Sie den Import und eine Baugruppe mit je einem SolidWorks- und einem Siemens NX-Teil.
Auch SolidWorks hat kürzlich nachgezogen und bietet mit SOLIDWORKS 3D Interconnect vergleichbare Funktionen.
Als ehemaliger SolidWorks-Anwender sehe ich PTC Creo Parametric, insbesondere mit der brandneuen Version 7.0, nun eindeutig als das bessere Produkt an. Neben der besseren Performance und der größeren Funktionalitätstiefe und -breite gibt es noch viele andere Themen, wie z.B. Blech, PLM-Konnektivität oder mechanische Simulation, bei denen Creo eindeutig im Vorteil ist und über die ich hier ebenfalls hätte schreiben können.
Aber mein Artikel ist lang genug, deshalb mehr dazu zu einem späteren Zeitpunkt.
Wenn meine Zeilen Ihr Interesse geweckt haben, zeige ich Ihnen gerne Creo Parametric live. Wenden Sie sich einfach an einen meiner Vertriebskollegen.
Bis bald
Hans-Joachim Estler
